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Aus der Redaktion
Gedanken im Juli (2016)

 

Sehr geehrte Damen und Herren in der MÄRKLIN-Entscheidungs-Etage!

Diese Gedanken im Sommer 2016 habe ich Ihnen, also dem Hause MÄRKLIN gewidmet! Bitte erinnern Sie sich:

Vor rd. 10 Jahren musste das Ernst Paul Lehmann Patentwerk Insolvenz anmelden. Wie in fast allen gleichartigen Fällen war nicht das Schicksal, widrige Umstände oder irgendjemand anderes schuld daran. Nein, es waren Management-Fehler. Zu viele, genauer gesagt. Und der letzte Nagel zum Sarg hatte sogar einen Namen: „Extra Shop“!
Ansonsten waren alle LGB-Freunde fassungslos! Wer den grandiosen Aufstieg der im Jahr 1968 erschienenen neuen Gartenbahn miterlebt hatte, der konnte einfach nicht verstehen, wie man im 125. Jahr der Firmengründung des Ernst Paul Lehmann Patentwerkes gezwungen sein konnte, zum Insolvenzgericht zu gehen. Gab es wirklich keinen anderen Weg? War es vielleicht auch nur ein schlau ausgedachter Schachzug, der nur leider nicht funktioniert hat?

Nach einigen Irrungen und Wirrungen hat die Firma MÄRKLIN dann im Jahr 2008 die Produktion der LGB übernommen. Tragischerweise ging man danach selbst in die Insolvenz, die erst im Jahr 2013 verlassen werden konnte. Sicher keine guten Voraussetzungen für einen LGB-Neustart. Dazu kommt noch, dass die LGB umsatzmäßig neben den anderen Spurweiten nur einen Anteil von rd. 10 % im Märklin-Firmenverbund darstellt, also vielleicht etwas stiefmütterlich behandelt wurde, um nicht zu sagen, vernachlässigt wurde.
 
Probleme gab es aber damals in der gesamten Modellbahn-Branche schon! Der Fachjournalist Friedhelm Weidelich schrieb am 01.02.2010 angesichts der bevorstehenden Spielwarenmesse im Eisenbahn-Blog:
 

„Die Modellbahnbranche steht mit ihrer Hochpreispolitik am Abgrund und wird auf der Spielwarenmesse ab Donnerstag wieder das selbe Programm abspulen wie seit 40 Jahren: Noch mehr Neuheiten, noch höhere Preise, noch kleinere Serien und so dicke Kataloge wie in den Jahren zuvor und wieder keine Anstrengungen, Kinder mit bezahlbaren aktuellen Modellen zu locken, welche die potenziellen kleinen Kunden aus eigener Anschauung kennen. Wer jetzt nicht Sortimente abspeckt, die Neuheitenzahl begrenzt, Innovationen und Standards schafft und Preise senkt, wird die Quittung vom Käufer bekommen. Käuferstreik“.
 

Friedhelm Weidelich sollte Recht behalten und er ist natürlich nicht der Einzige, der seit Jahren warnt. Er hatte mit seiner Meinung die Modellbahn- Branche allgemein angesprochen, aber seine Meinung lässt sich auch 1:1 auf die LGB übertragen. Und genau dort kann der Insider schon seine Prophezeiung „Käuferstreik“ in dramatischer Weise feststellen!
 
Man hat oftmals das Gefühl, dass allen das Dilemma irgendwie bewusst und bekannt ist, und doch lassen sich keine „Gegenmaßnahmen“ erkennen. Das Dilemma ist das Fehlen einer längerfristigen Strategie! Man „wurschtelt“ so vor sich hin, statt ein Konzept für die nächsten Jahre zu entwickeln! Bei manchen Neuheiten-Ankündigungen drängt sich mir nur die Frage auf: Wer soll das kaufen? Natürlich kann man zum Beispiel über einen Triebwagen der Sylter-Verkehrsgesellschaft nachdenken, wenn die Formen dafür überwiegend vorhanden sind, - aber wie viele Sylt-Urlaubsfans gibt es wohl, die gleichzeitig noch LGB-Bahner sind und die bereit sind, für ein solches Fahrzeug rd. 450,00 Euro (entsprach ca. 900,00 DM) auf den Tisch zu legen? Der RhB-Fahrer kann den Triebwagen nicht gebrauchen, der DR-Fahrer auch nicht. Der „Spielbahner“ etwa, der „Kraut und Rüben“ durcheinander fahren lässt? Nein, dem ist dieses exotische Fahrzeug zu teuer! Und da nützt es wenig bis gar nichts, dass man unterschiedliche Motorhauben – wie beim großen Vorbild – nachgestaltet und Rückspiegel als Zurüstteile beigelegt hat: Das Fahrzeug ist einfach eine Fehlentscheidung!
 

Und derartige Beispiele lassen sich viele finden, - im LGB-Katalog und in den Neuheiten-Ankündigungen. Warum müssen in Ihrem Hause regelmäßig irgendwelche „Reste“ umlackiert und umbeschriftet werden? Ich kann es Ihnen sagen: Weil wieder einmal ein Artikel zu teuer oder an der Nachfrage vorbei produziert wurde! Die Händler reagieren mittlerweile und bestellen von dieser Art von „Neuheiten“ nur noch auf Kundenwunsch. Selbst in den wenigen, verbliebenen LGB-Spezialgeschäften stehen die Kartons quer, um die geringe Anzahl von Artikeln etwas zu kaschieren. 
 
Woran liegt es, dass mittlerweile mehr Gebrauchtware in Internetauktionen den Besitzer wechselt als Neuware im regulären Handel? Ich kann es Ihnen nochmals sagen: Es liegt am Preis! Und es liegt an der Qualität! Und es liegt an der fehlerhaften Technik, z.B. an Decodern, die keiner will! Vielleicht liegt es auch für den Einzelnen an einem Gemisch aus allen diesen Gründen....
Selbst Ersatzteile aus der guten alten Nürnberger-Produktion sind dagegen noch gut zu bekommen, - besser oft, als Ersatzteile aus der laufenden Produktion in Ungarn. Anders nämlich als zu Zeiten der Grimm´schen LGB-Reparaturabteilung werden heutzutage in Ungarn oder Göppingen nicht gewisse Mengen von jedem Artikel auf die Seite gestellt und als Service vorgehalten.
 

Ich weiß, einige Händler haben für sich so reagiert, dass sie auch Gebrauchtes in ihr Programm genommen haben. Aber erstens kann das kompliziert in Sachen Garantie-Gewährung werden, und zweitens sieht MÄRKLIN das gar nicht gerne, - aus Ihrer Sicht verständlicherweise.
  

Was ist zu tun? Wie kann es sein, dass eigentlich alle unzufrieden sind? Der Kunde, der Händler und sicherlich auch der Hersteller! Wie ist es zu schaffen, diesen Knoten zu durchschneiden? Ich denke mir, am Anfang aller Veränderungen müsste Ehrlichkeit stehen! Wie oft haben wir von Kunden gehört, die sich am LGB-Stand auf einer Messe oder Ausstellung zum Beispiel über ein Problem beschwert haben, die aber dann die Antwort bekommen haben: „Davon haben wir noch nie etwas gehört“. Das heißt also, dass entweder inkompetente Leute dort im Einsatz sind, oder dass man den Kunden einfach abwimmeln will, - beides wäre sehr schlecht. Können Sie sich noch an Klaus Baumann, den früheren Verkaufsleiter der Firma Lehmann erinnern? Der war auf jeder Ausstellung zu finden, hatte immer ein offenes Ohr und hat sich vor allen Dingen anschließend gekümmert. Und er hat dem Gegenüber immer das Gefühl übermittelt, ernst genommen zu werden, - auf Augenhöhe, meine ich.
 
Das ist bei den Märklinisten offensichtlich anders. Es herrscht in der Kundschaft ein Gefühl, dass man von oben herab behandelt wird, dass man als Bittsteller betrachtet und abgebügelt wird. Natürlich war bei LGB-Nürnberg auch nicht jeder Kunde der sprichwörtliche König, aber man hat ihn das nicht merken lassen....

Heutzutage fehlt das „Herzblut“, das ein Wolfgang Richter zu investieren imstande war. Das kommt natürlich nie wieder, aber wir Kunden fühlen uns manches Mal schon veräppelt, wenn deutlich erkennbar wird, dass man mit uralten Formen Höchstpreise erzielen will! Und dann wollen wir auch für unser gutes Geld einfach eine gute Gegenleistung bekommen. Aber selbst daran hapert es ja deutlich, - wie beschrieben!

Bitte denken Sie über meine Ausführungen einmal nach! Ich bin ein „alter Hase“ und beschäftige mich schon rd. 50 Jahre mit der LGB.

 

In diesem Sinne und mit herzlichen Grüßen aus Much!

Ihr H.-Jürgen Neumann

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