Startseite E.P.L. in Insolvenz
 

Am Montag, den 18. September 2006 wurde bekannt, dass die Firma Ernst Paul Lehmann Patentwerk in Nürnberg Insolvenz anmelden musste. In der Nacht zu Dienstag darauf wurde die Nachricht offiziell auf der Internetseite des Patentwerkes veröffentlicht.
 

So sehr wie diese Nachricht aufwühlt: Für Insider war schon seit vielen Jahren deutlich, dass da eine Geschäftspolitik betrieben wurde, die zum Scheitern verurteilt war. Lehmann sei „beratungsresistent", formulierte es einmal ein großer LGB-Händler, und er hatte mit seiner Meinung vollkommen recht! Zwar gab es in den letzten Jahren im Hause Lehmann eine Menge Unternehmensberater, die für viel Geld ihre Gutachten zu Papier brachten. Aber wurden die wirklich auch umgesetzt? Und um das Produkt, die „LGB“ selbst, kann es bei diesen Untersuchungen ohnehin nicht gegangen sein, - denn davon können die ja wirklich keine Ahnung gehabt haben. Und das Produkt war immer das Allerwichtigste: Was möchte der Endverbraucher haben, und was darf das kosten, damit er es auch kaufen kann? Das war die Frage aller Fragen, und hier wurden über Jahre die falschen Antworten gegeben. Eigene Leute, insbesondere auch die Außendienstmitarbeiter, die „an der Front“ agierten, und nicht zuletzt die Händler, wurden meistens nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt. Dazu kam noch, dass man sich permanent die falschen Leute an Bord holte, und somit eigenes Unvermögen noch nicht einmal neutralisieren konnte.
„Ein Lotse geht von Bord" schrieb einst ein anderer, als der frühere Verkaufsleiter Klaus Baumann in den Ruhestand ging, bzw. in den Ruhestand geschickt wurde. Auch diese Feststellung war zutreffend! Besonders in schwierigen Zeiten, in denen wir heutzutage bzw. seit einiger Zeit ja bekanntlich stecken, ist es wichtig, jemanden zu haben, der die Klippen kennt. Von der Sorte gab es zwischenzeitlich keinen Einzigen mehr im LGB-Werk, - und prompt ist der Dampfer aufgelaufen. Geschlingert hatte er ja schon lange und deutlich sichtbar waren auch die Leckagen in seinem Rumpf. Aber man wollte sie nicht sehen. Der Kapitän hatte kein Patent....
 

Und dann gab es noch das eXtra dicke Loch im Rumpf! Aber es hat nur beschleunigt, war nicht die Ursache. Aber es zeigte die Arroganz, die Selbstüberschätzung, die Verkennung der Realitäten. Offensichtlich hatte man keine Ahnung, was der Markt überhaupt wirklich haben wollte. Nämlich keine Disney-, Coca-Cola, Peanuts- und sonstige bunte, oft hässliche Farbtupfer, und auch überwiegend keine vergewaltigten Regelspurfahrzeuge. Der Kunde wollte ganz etwas anderes! Aber das Gremium, das Ahnung hatte, wurde plötzlich nicht mehr gebraucht und gefragt. Obwohl immerhin ein paar Jahre gute Neuheiten gekommen waren, sodass sich mancher verwundert die Augen rieb. Aber es ist wie in einem Löwenrudel. Wenn ein neuer dazu kommt, meint der erst einmal, alle anderen verbeißen zu müssen. Ja, wenn die Geschäftsleitung das zulässt, muss sie später dann auch die Verantwortung dafür übernehmen....
  

„Das Herzblut kam nur noch tröpfchenweise“, haben wir in unserem Artikel über das diesjährige LGB-Sommerfest geschrieben. Vielleicht war ja selbst das nur gefärbtes Wasser! 
Eine Firma, die hauptsächlich aus einer großen Rechtsabteilung bestand, die konnte so nicht funktionieren! Auf jeden Fall nicht mit Produkten des Hobbybereiches, mit Menschen, die sich daran erfreuen wollen. Dass irgendwelche Punkte heruntergesetzt werden sollten, war wichtig! Zu einem Zeitpunkt, als der Schlusspunkt schon lange sichtbar war....
Und die „LGB-Familie“ wurde schon lange nicht mehr gepflegt. Es wurde gerne genommen, aber nichts gegeben. Die „LGB-Depesche“ als früheres Verbindungs-Organ wirkte nur noch wie ein Verkaufsprospekt. Flach und typisch für alles andere!
Die alten Freunde wurden komplett vergrault und zogen sich nach und nach zurück. Diejenigen, die altgewohnte Weihnachtskarten vermissten, waren „kleine Geister“. Man hatte nur vergessen, dass diese „kleinen Geister“ die Firma Lehmann treu unterstützt und stets das Fähnchen hoch gehalten hatten! Und sie sahen das Unheil schon lange kommen. Und sie wunderten sich, dass keiner bei Lehmann die Notbremse zog. Statt dessen herrschte dort das große Wort und die Schau, so als wäre nichts geschehen, als wäre es nicht eine Minute vor zwölf....
 

Noch deutlich im Ohr haben wir die Erzählungen des ersten Leiters der LGBoA in Amerika, wie drüben die maßgebenden Leute verhätschelt und verwöhnt wurden, und welchen Erfolg man damit hatte. Wie sich das alles in Form von Jahresgewinnen auswirkte. Lehmann selbst hatte so etwas nie nötig. Da herrschte die Meinung „die verdienen doch schon genug mit unserer Ware!“ 
Die Kartonagen wurden dünner, die schützende Papphülle entfiel, Etiketten wurden selbst und schwarz/weiß ausgedruckt, die Qualität der Artikel sank dank China gewaltig, dafür stiegen die Preise um so mehr. Das konnte doch nicht gut gehen! Der eXtra-Shop verprellte zuletzt die Kundschaft. Trotz gut gemeinter Hinweise schaffte man es nicht, ihn zu stoppen bzw. schnell wieder abzuschaffen. Und ein Neuheitenprogramm, das überwiegend aus Farbvarianten bestand, das kann man auch nicht nachvollziehen. Was hatte die Firma Lehmann in den Anfangsjahren für ein Tempo vorgelegt, - unsere Berichte zur LGB-Historie legen ein Zeugnis davon ab. Wir erinnern uns auch noch gut an die Aussage des Senior-Chefs in einem Interview, wonach man von jeder verdienten Mark 99 Pfennige wieder investieren müsse. Das ist dann aber schon lange her, denn sonst müsste man längst die Modelle im Programm haben, mit denen die Mitbewerber davon gezogen sind, bzw. die nach wie vor im LGB-Angebot fehlen.
Jetzt ist es zu spät! Einzelne Aktivitäten wie die, USA-Sonderartikel zurück zu holen, oder auch die Gründung eines hauseigenen LGB-Clubs kamen viel zu spät. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“!
  

LGBoA war der erste Dominostein, der fiel! Und die Geschichten, die man drüben vom Niedergang der LGB hört, sind einfach aberwitzig, unfassbar! Einen derartig blühenden Laden so gegen die Wand zu fahren, das ist schon eine Kunst! Wo sind sie denn, die Modelle, die die Amerikaner kaufen wollten. Die „Galopping Goose”, die „Heisler“, die „Climax“, eine K 28 oder K 27? Stattdessen baute man eine „Mikado“, die keiner wollte, die große Antriebsprobleme hatte und die den Lehmann-Formenbau über ein Jahr blockierte. Und eine durchsichtige F 7 gab es auch....
Selbst die LGB/Aster-Serie wurde abgewürgt. Zuletzt eine GG1 auszusuchen, das war ja fast schon Sabotage! Die württembergische Mallet war vom Maßstab viel zu groß und wurde auch aus diesem Grund nicht gekauft. Die letzten 200 Stück wurden in Grün umlackiert. Man hätte absehen können, dass dann die Kunden wieder verstärkt nach der Schwarzen verlangen würden. Aber jetzt waren alle grün!
 

Schon seit längerer Zeit hört man immer wieder, dass dies alles nicht passiert wäre, wenn Eberhard Richter noch leben würde. Mag ja sein, aber das bringt uns in unseren Gedanken auch nicht weiter. Warum hat sein Bruder in all´ den Jahren nicht eingegriffen? Diese Frage muss ja auch erlaubt sein, - bei aller Freundschaft.
 

Die nächste Frage, die man sich jetzt stellen muss, ist die, wie es weiter gehen soll? Erst einmal hat ein Insolvenzverwalter die Geschäftsleitung übernommen. Damit wird dann auch die Warenauslieferung an die Händler wieder aufgenommen. Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es grundsätzlich, den Geschäftsbetrieb zu sichern und so lange weiterzuführen, bis ein Käufer gefunden wurde. Oder die Firma abzuwickeln, also zu verwerten, falls sich kein Interessent finden sollte.

Welcher Schaden ist da der Marke „LGB“ zugefügt worden! Was wird aus den Mitarbeitern, was wird aus den Händlern, den Zulieferern und wiederum deren Mitarbeitern? Wer findet sich, die Firma zu übernehmen? Ein Geldgeber alleine reicht schließlich nicht. Da muss eine komplett neue Führungsmannschaft gefunden werden! Man erinnert sich noch daran, wie POLA von der Gebr. FALLER GmbH übernommen wurde. Da hat es erst einmal gewaltig im Getriebe geknirscht, und so richtig erholt hat sich die Marke bis heute nicht. Und LGB ist irgendwie an den Standort Saganer Straße in Nürnberg gebunden. Da kann man nicht einfach die Maschinen abbauen und an anderer Stelle wieder aufbauen....
  

Ein Insider hat seine eigene Meinung zu diesem Thema: Die Führungs- Mannschaft komplett auswechseln. Sich dann von den verbliebenen Mitarbeitern die Besten heraussuchen, die fünfzig größten Händler nach Nürnberg zu einem Meeting einladen und denen dann gleich ein Neuheitenprogramm und ein neues Konzept vorstellen, und dann alles langsam aber stetig wieder hochfahren! Mit diesem einfachen Konzept wäre vielleicht auch ein Investor bereit, die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Aber der muss erst einmal gefunden werden….
 

Unter „LGB-News“ veröffentlicht die Firma Lehmann das Geschehen mit folgenden Worten:
 

 
Insolvenzantrag bei ERNST PAUL LEHMANN PATENTWERK

Das ERNST PAUL LEHMANN PATENTWERK (kurz EPL) in Nürnberg, Hersteller der weltbekannten Lehmann-Gross-Bahn (LGB), zählt zu der traditionellen Nürnberger Spielzeugindustrie. Das Familienunternehmen feierte im Juli 2006 sein 125-jähriges Bestehen. Seit März 2005 befindet sich EPL in einer intensiven Restrukturierungsphase. Durch die anhaltende negative Umsatzentwicklung der Modellbahnbranche, mussten die bereits von den EPL-Eigentümern im Jahr 2002 begonnenen Maßnahmen zur Kostensenkung nochmals drastisch verstärkt werden. Auch die ca. 150 Mitarbeiter unterstützten den Restrukturierungsprozess durch die Erklärung eines schriftlichen Lohnverzichtes. Mit der engen Verbundenheit an den Standort Nürnberg und der hier gefertigten Qualität wurde 2004 die Fertigung bei der EPL-Tochterfirma in Tschechien aufgegeben und nach Nürnberg zurückverlagert. Der Erhalt der Arbeitsplätze in Nürnberg hatte Vorrang. Trotz dieser positiven Faktoren wurden durch die Finanzierer am 01.09.2006 nicht nur die Konten von EPL gesperrt, sondern auch ein Verkauf der Sortimentsartikel untersagt. Die Umsatz- und Auftragsabwicklung für das Gesamt-Jahr 2006 liegt im Plan. Auch wurde die verlustträchtige amerikanische Tochtergesellschaft LGB of America an ein amerikanisches Unternehmen, mit umfangreichen Vereinbarungen zur langfristigen Weiterführung der operativen Partnerschaft verkauft. Trotz der dadurch erheblich generierten Liquiditätszuflüsse blieben alle Bankkonten von EPL blockiert.

Der Druck der Banken auf die persönlich haftenden Eigentümer stieg stetig und wurde letztlich so immens, dass sich die Eigentümer entschlossen haben, mit dem heutigen Tage Insolvenzantrag zu stellen. Interessierten Kapitalgebern wird somit der Zugang zu EPL ermöglicht. Dadurch besteht nach Auffassung der Eigentümer die Möglichkeit, die Tradition des 125-jährigen, weltbekannten Familienunternehmens fortzusetzen und die Auslieferung der von den LGB-Kunden heiß erwarteten Neuheiten für das Weihnachtsgeschäft sicher zu stellen.
 

 
Deutlich sachlicher berichtet das Amtsgericht Nürnberg unter

https://www.insolvenzbekanntmachungen.de | Bayern | Nürnberg | Ernst Paul Lehmann
 
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